St. Petersfahrt

St. Petersfahrt 2023

St. Petersfahrt 2020

Zürich, 30. Januar 2023. Ab 19.00 Uhr führte unser Zunftmeister Lucius Blattner zusammen mit unserem Pfleger Markus Enggist ‘segg’ und erfolgreich durch die Zunftversammlung. Darum konnte unsere Widder-Zunft sodann pünktlich um 19.30 Uhr starten und von der Augustinergasse via Bahnhofstrasse über den Rennweg hin zur St. Peterhofstatt laufen, begleitet von unserem einmaligen Zunftspiel sowie von vielen fröhlichen Spalier-Zaungästen am Strassenrand.

Auf der St. Peterhofstatt erwarteten uns nicht nur viele Partnerinnen und Kinder unserer Zünfter, sondern vor allem auch die Hauptperson, nämlich die «neue» Frau Pfarrerin vom St. Peter, Frau Cornelia Camichel. «Dieses Jahr ist alles anders – und doch gleich: Eine neue Pfarrerin, ein neuer Zunftmeister – nur das Wetter ist wie immer unbarmherzig mit den Hemdträgern unserer Zunft», begrüsste unser Zunftmeister alle Anwesenden.

Lucius führte uns sodann präzis und spannend in den historischen Bogen über die Geschichte der St. Petersfahrt. (Anmerkung der Redaktion: für detailliertes Nachlesen einfach auf www.zunft-widder.ch / Historische Anlässe – mega spannend!). Weiter stellte unser Zunftmeister sodann Frau Pfarrerin Camichel vor. Als Bündnerin kam sie von den beschaulichen Bergen nach Zürich, sozusagen in die «Bronx» der Schweiz und hat sich beim St. Peter sofort heimisch gefühlt.

Über einen recht umfangreichen aber markanten Argumentations-Weg (ist sich unser Zunftmeister als Anwalt ja gewöhnt) zum Thema «Fleischkonsum» bezüglich Moral / Wahrheit / Meinungsfreiheit / liberales Denken / Umgang mit Mehrheiten und Minderheiten / gegenseitigen Respekt kam unser Zunftmeister sodann zur (Gretchen)Frage für Pfarrerin Camichel: «Wie siehst Du als Vertreterin eines bewährten Glaubenssystems diese Entwicklungen und welchen Rat gibst Du uns mit auf den Weg?»

«Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Frage mit der ausholenden Einleitung schriftlich {vom Zunftmeister} bekommen habe, so dass ich jetzt peinlicherweise nicht nachfragen muss, was denn die Frage eigentlich gewesen sei», leitete Cornelia Camichel ihre Gegenrede ein.

 

Collage Marco Baur © Zunft zum Widder

St. Petersfahrt 2020

Aber bevor sie konkret antwortete erzählte sie, wie sie Lucius kennengelernt habe. Dies sei beim Apéro der Zunftmeister gewesen, wo Lucius sich als neuer Widder-Zunftmeister vorstellte. Dann gesellte sich ein anderer Zunftmeister dazu und Lucius sagte, dass dieser nun – nachdem Georg Steiger nicht mehr Widder-ZM sei – der schönste Zunftmeister aller Zünfte sei! Leicht errötend gab dieser ZM das Kompliment zurück, worauf Lucius konterte: «Ja, ich zeige eben besonders viel Gesicht!»

Dann wiederholte die St. Peter-Pfarrerin nochmals Lucius’ Frage (und ergänzte diese leicht): «Wie sehe ich als Vertreterin eines bewährten Glaubenssystems diese Entwicklung eines Glaubenssystems, das keine Ungläubigen akzeptiere, das rigide, fundamentalistisch und absolutistisch daherkomme und inquisitorisch missioniere, und welchen Rat gebe ich euch auf den Weg mit».

Die Antwort sei einfach: «Kommt sonntags in die Kirche St. Peter; bei uns sind auch Ungläubige willkommen», so Frau Camichel. Natürlich vertiefte sie ihre Antwort noch; nachstehend ein paar sehr spannende Auszüge aus ihrer Gegenrede:

  • «Genau hinzuschauen, zu differenzieren und dann immer wieder zusammenfinden zu wollen, das hat sich bewährt in unserem kirchlich-demokratischen Glaubenssystem.»
  • «Für mich heisst das, meine Kräfte nicht zu verpuffen, um Unverbesserliche in den sozialen Medien zu ‘missionieren’, sondern mit den vielen zusammenzuspannen, die – wie heute Abend – eine friedliche, aber dennoch zöiftige Gemeinschaft feiern.
  • «Und zu guter Letzt: In unserer Kirche hat es Platz für alle, auch für diejenigen, die nun freundlich zugehört haben, von der Kirche manchmal wohl lieber nur Gottes Segen hätten, ohne ethisches Ringen und kräftezehrendes Disputieren – und sich nun zum Essen begeben wollen.»

Nach der Verdankung durch unseren ZM übergab die Widder-Zunft – traditionell – der Pfarrerin vom St. Peter den von unserem Zunftfreund Martin Niedermann gespendeten Schinken und wir erhielten im Gegenzug – ebenfalls traditionell – 101 feine Fasnachts-Chüechli – en Guete!

Zurück im Zunfthaus freuten sich unsere Zünfter mit Ihren Familien und Gästen auf ein feines Essen. Robert Schweizer und Peter Gut spendierten die schmackhaften Böckwürstchen (aus dem Hause Zellweger) und Peter Rahn das Bier – herzlichen Dank unseren Zunftfreunden! Der Härdöpfelsalat (aus dem Hause Hornecker) war ebenfalls exquisit und unsere hervorragenden Zunftweine «Zum Widder» – St. Saphorin & Compleo – rundeten zusammen mit den Fasnachts-Chüechli das Menue wunderbar ab!

Natürlich hörten wir ein paar wunderschöne Musikstücke von unserem einmaligen Zunftspiel – herzlichen Dank allen MusikerInnen – und danach startete unser frischgebackener Zunftmeister Lucius Blattner seine Begrüssungen:

  • Unsere Ehrengäste: Cornelia Camichel, Stephan Hinz (Zunftmeyster der Zunft zur St. Cordula aus Baden) und – same procedure as every year – Stefan Thurnherr (Präsident der Kirchenkreiskommission).
  • Die hochgeachteten Mitmeister: Jürg Stüssi-Lauterburg (Constallfelherr), Gustav von Schulthess (Meisen), Christian Städeli (Weggen) Thomas Huggler (stillstehender ZM; Gerwe & Schuhmacher), Philipp Blangey (Zimmerleuten) Claude Lambert (Schiffleuten), Rolf Bühler (Drei Königen), Stephan Klarer (St. Niklaus), Walter Zweifel (Höngg), Stefan Forster (Letzi), Beat Ehrensberger (Wittikon) und Felix Blumer (Wiedikon).
  • Vom ZZZ: Felix Boller (Präsident)

An dieser Stelle verdankte unser Zunftmeister auch die für die Zunft aktiven Partnerinnen: Eli Vetterli, Joëlle Hornecker, Céline Greb, Nadine Schoch, Conny Bangerter und Sibylle Klotz – herzlichen Dank von unserem Zunftmeister und der ganzen Zunft für Euren super-tollen Einsatz!

Speziell verdankte Lucius den Einsatz von Fränzi Niedermann (der Ehefrau von «Gandalf» bzw. von Georg dem I.; siehe unten die Ansprache von Stefan Turnherr), welche in den letzten Jahren die tollen und spannenden Frauenanlässe organisiert hat.

Nachdem Lucius die Pfarrerin Camichel auf der Peterhofstatt kurz vorgestellt hat, vertiefte er diese Vorstellung nun, indem er der einzigen und wahren Frage nachging «wer ist die neue Pfarrerin denn nun eigentlich?».

  • Pfiffiges Mädchen, das glücklich in den Bündner Bergen lebte;
  • Lehrerin in Guarda; Studium der Theologie;
  • Leidenschaft für Philosophie und Geschichte;
  • 2014 als erste Bündner Dekanin gewählt und im 2021 davon zurückgetreten,
  • weil sie dem Ruf des St. Peters gefolgt ist und seit dem 1. August 2021 dessen Pfarrerin ist.
  • «Aber der eigentliche Grund war ja die St. Petersfahrt vom Widder, welche den Ausschlag zum Wechsel nach Zürich gab und welche Cornelia einfach mal erleben wollte» meinte unser Zunftmeister – e se non è vero è ben trovato …

Sodann stellte unser Zunftmeister seinen Ehrengast Stephan Hinz (mit seiner stattlichen Delegation) vor, seines Zeichens Zunftmeyster der Zunft zur St. Cordula, Baden. «Es war ein wunderschöner Tag und St. Cordula hat uns alle sehr verwöhnt», so Lucius. Am Schluss hätten er und unser Mitzünfter Marco Baur jedoch nicht schlecht gestaunt, als es um Mitternacht wieder zum Bahnhof Baden ging: «Wir wurden tatsächlich von zwei Kantonspolizisten bis zum Perron begleitet! Offensichtlich mussten die Gesetzeshüter sicherstellen, dass die Zünfterdelegation aus Zürich wieder regelkonform ausgeschafft wird», meinte Lucius.

Stephan hielt daraufhin eine schlagfertige Replik: Er führte aus, dass es offenbar eine zürcherische Eigenart sei, anlässlich solcher Einladungen kein Gastgeschenk zu bringen – so auch letztes Jahr vom frisch gewählten Widder-Zunftmeister. «Irgendwie schien aber doch ein schlechtes Gewissen entstanden zu sein, worauf wir im Nachgang zum Fest in Baden ein Päckli von Marco und Lucius erhielten: Geschätzt 2 Kilo Züritirggel», so Stephan – er komme dann später nochmals darauf zurück.

Der Zunftmeyster zu St. Cordula berichtete sodann vom Verhältnis zwischen Baden und Zürich, das vor 500 Jahren reformiert wurde und alsdann dem katholische Baden eher feindlich gegenüberstand. Davon zeuge noch das Schloss Stein in Baden, welches 1712 von den hasardierenden Zürchern zur Ruine gemacht worden sei.

«So versteht sich unserer Skepsis auch, wenn ich jetzt auf das 2 Kilo-Päckli Tirggel zurück komme. Wir sahen darin, aufgrund unserer schlechten Erfahrungen aus der historischen Vergangenheit, einen möglichen Anschlag auf unsere Zunft, denn hätten wir das auf unserer Stube ohne entsprechenden Warnungen, genügend Wein und Bier und ohne ärztliche Begleitung aufgetischt, wäre es mit Sicherheit zu gravierenden Verlusten in unseren Reihen gekommen. Doch einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, die Tirggel sind weg, wir alle leben noch – wir bedanken uns artig!» beschloss Stephan Hinz augenzwinkernd seine Gegenrede.

Zum Abschluss stellte Lucius unseren Ehrengast Stefan Thurnherr vor, welchen man ja in Wirklichkeit nicht vorstellen müsse. « Er kommt jedes Jahr an unsere Petersfahrt und sein Besuch erinnert stark an den eines leicht schrulligen, entfernten Verwandten. Und bei Stefan sei es ja wirklich so, dass seine Reden nicht nur lange seien – sondern auch immer länger würden! Das habe aber auch den Vorteil, dass alle Zünfter jeweils für ca. 45 Minuten in eine fast schon meditative Trance verfallen können.

Stefan Turnherr – des Replizierens auf dem Widder gewohnt – antwortete darauf mit seinen (ja schon traditionellen) 3 Themen:

  • Der Alte und der Neue
  • Die Neue
  • Der Alte bleibt der Alte

Gleich beim letzten Punkt hakte Stefan ein und hielt fest, dass er schon seit 13 Jahr hier auf dem Widder sein Dasein friste, 10 Reden gehalten habe und bereits den dritten Zunftmeister erdulden müsse; er hoffe, dass es besser werde als beim letzten …

Der Alte und der Neue: Stefan habe die Hoffnung, dass die 7 mageren Jahre (von Georg dem I.) nun vorbei seien und die fetten Jahre folgen werden. Dabei habe er aber an den intellektuellen Gehalt der Reden gedacht. «So will ich Dir zu etwas Bewegung verhelfen, lieber Lucius, und biete Dir mit Begleitung die Begehung des St. Peter Glockenturmes beim grossen Samstagsgeläut mit anschliessendem Nachtessen an. Wie üblich bekommst Du das nicht einfach so geschenkt, sondern erst nach bestandener intellektueller Herausforderung: Bastelbogen St. Peter erstellen und mir abgeben, dann gibt es die Turmbesteigung mit Nachtessen!», ordnete Stefan Turnherr an.

Die Neue: «Obwohl ich nicht in der Pfarrwahlkommission war, kann ich nach einem guten Jahr sagen: brilliante Wahl. Cornelia hat den St. Peter aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst! Und wer es genau wissen will, kommt am besten am Sonntag mal in den St. Peter. Liebe Cornelia, ich freue mich mit Dir und dem Lucius auf noch möglichst viele St. Petersfahrten und viele schlaue Fragen unseres Lieblings-Zunftmeisters!», beschloss Stefan seine Laudatio.

Unser Zunftmeister verdankte alle Reden mit wunderschönen Widder-Geschenken und dankte ebenfalls allen Mitvorstehern sowie dem Hotel Widder-Team für das tolle Gelingen des Abends.

Lucius wünschte allen eine gute Zeit und er freue sich schon jetzt auf die kommende Metzgete im März!

«Häsch Dini Füürtaufi guet gmacht, liebe Lucius!»

Marco Baur, 1. & 2. Protokollführer der Zunft zum Widder

 

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